Ersteinmal: ja, im Profisport wird oft Schindluder mit den Pferden betrieben. Sicher kann sich da auch die Vielseitigkeit nicht komplett rausnehmen. Allerdings halte ich eine ungesunde, auf Zwang basierende Pferd-Mensch-Beziehung 1. nicht für verantwortlich für die schweren Unfälle und 2. besonders in dieser Disziplin für extrem selten, da sinnlos.

Zu 1: Die Strecken sind, wie alles im Reitsport, in den letzten Jahren extrem technisch und sicher auch höher geworden. Da gibt es Distanzen/Abstände, die zusammen mit den massiven Sprüngen (wirkt ja auch optisch) wirklich nicht ohne sind. Einerseits kann man es sich mit den größer werdenden Blütern erlauben, andererseits steht auch die Vielseitigkeit im Zugzwang, publikumstauglich zu sein und zu bleiben. Hier gibt es nicht gerade die größten Sponsorengelder. Da ist es nicht sehr medienwirksam, über ein paar Hecken zu hüpfen. Viele VS-Reiter haben noch einen normalen Hauptberuf, da man allein von den Starts nicht leben kann. Beritt ist oft nicht in dem Umfang wie in Dressur oder Springen möglich, da man ja bereits das eigene Pferd praktisch dreimal so intensiv trainieren muss wie in anderen Sparten.

Das Besondere, und sicher auch das große Problem was die Unfälle angeht, ist natürlich, dass die Sprünge massiv sind und nicht nachgeben. Dabei ist es eher selten, dass der Reiter direkt auf oder in den Sprung knallt. Eher ist es so, dass der Absprung nicht stimmt und das Pferd am Sprung "hängen bleibt". Bei einem Stangensprung würden die Stangen fallen und die Equipage praktisch einfach durch den Sprung rasseln. Bei festen Hindernissen stürzt das Pferd dann kopfüber und landet seitlich oder auf dem Rücken, der Reiter meist teils oder ganz darunter. Genau das ist meist das tödliche: das Pferd auf dem Reiter.

Hierzu muss man sagen: es gibt von Seiten der Verbände und Veranstalter bereits Planungen und Entwürfe für Geländehindernisse aus nachgiebigem Material. Das heißt: sieht aus wie ein Baumstamm, verhält sich aber wie Styropor. Steckt zwar noch in den Kinderschuhen, ist aber angesichts der technischen Steigerung der Strecken sicherlich nicht verkehrt.

Außerdem fällt auf, dass verhältnismäßig viele dieser schweren Unfälle in "unteren" Klassen passieren. Hier werden jetzt ebenfalls die Qualifikationen verschärft, so dass ungenügend ausgebildete Equipagen gar nicht erst teilnehmen. Sollte der Springstil bereits in der Springprüfung negativ auffallen, kann das Paar ebenfalls ein Startverbot für die Geländestrecke erhalten. Außerdem sollen sich Veranstalter und Verbände in Zukunft vorbehalten dürfen, Paare mit extrem häufigen und unnötigen Fehlern oder gar Stürzen komplett zu sperren. Da war man in der Vergangenheit sicher etwas zu lasch und ist mit althergebrachter Jagdreitereinstellung rangegangen. Nur haben sich eben die Zeiten geändert. Früher waren es eben oft nur die wirklich versierten Reiter, die sich überhaupt auf eine Geländestrecke getraut haben. Heute kann sich alles mit genügend Geld und gutmütigem Pferd auf eine E- oder A-Geländestrecke trauen. Und selbst da wird es gerne mal brenzlig, wenn es in der Ausbildung hakt.

Zu 2: Die Vielseitigkeit, besonders die Geländestrecke, ist und bleibt die Krone der Reiterei. Ich will den sehen, der ein unwilliges Pferd mit Gewalt über eine Geländestrecke prügelt. Der landet wahrscheinlich selbst spätestens nach dem zweiten Sprung im Dreck. Wer behauptet "Die armen Tiere, die sind doch nur gequälte Sportgeräte!" war wahrscheinlich noch nie live bei einer Geländeprüfung. Da arbeiten Pferd und Reiter wirklich als Team, das Pferd wird nach jedem Hindernis euphorisch gelobt und angefeuert. Weil die armen Tiere so gequält sind, springen sie wahrscheinlich teilweise sogar die Absperrung der Startbox - die WOLLEN auf die Geländestrecke! Alles Andere endet in der Vielseitigkeit für den Reiter eh meist mit Körperverletzungen. Hinzu kommt, dass die Pferde bei den meisten VS-Reitern eben NICHT die Haupteinnahmequelle sind. Ein gedemütigtes, kaputtes Pferd kann man auf der Geländestrecke nicht gebrauchen. Einen motivierten, mitdenkenden Partner hingegen schon.

Auf der Geländestrecke muss das Pferd selbst so viel gucken, taxieren und dem Reiter vertrauen. Genauso muss sich der Reiter auf sein gut ausgebildetes Pferd verlassen können. Und genau da hakt es meiner Meinung nach: bei der Pferde- und Reiterausbildung geht es oft husch, husch, schnell aufs Turnier und Schleifchen sammeln. In anderen Sparten ist das peinlich - in der VS ist es lebensmüde. Solche Fälle gibt es teils sicher auch in den höheren Klassen. Hinzu kommen wie gesagt die technischen Steigerungen sowie der Druck, weiterhin Massen anzuziehen.

...zur Antwort

Der meiste Kraftaufwand beim Reiten wird dafür benötigt, Blockaden und Steifheiten zum kompensieren. Wer nicht wirklich mitschwingen kann, der muss das irgendwo anders durch überhöhte Muskelspannung ausgleichen.

Eine Grundkondition ist nie verkehrt, das stimmt. Weiterhin sollte man aber vielleicht überlegen, Lockerungsübungen zu machen. ZB. gleich morgens nach dem Aufstehen oder 5 Minuten vorm Reiten. Es gibt ja Einiges an Möglichkeiten: Yoga, Pilates, usw. Wichtig dabei ist, dass nicht nur die Geschmeidigkeit, sondern auch die Beidseitigkeit trainiert wird, die durch die jeweilige natürliche Händigkeit beeinträchtigt wird. Wir wollen vom Pferd, dass es seine natürliche Schiefe überwindet und auf beiden Seiten gleichmäßig geht - sitzen aber selbst krum und schepp oben drauf. Verrückt, oder?

Eckhard Meyners hat dazu Bücher geschrieben, wie typische Reit- und Sitzfehler durch gezielte Kraft- und Lockerungsübungen ausgeglichen werden können. Wäre bestimmt mal einen Blick wert. ;)

...zur Antwort

Es sollte sich ja mittlerweile rumgesprochen haben, dass auch in der Reiterei viele Wege nach Rom führen. Oder wie es mal jemand ausgedrückt hat: "Es ist völlig egal, nach welcher Reitweise man NICHT reiten/ausbilden kann."

Der Sinn und Unsinn einer Trainingsmethode liegt also nicht selten (aber auch nicht immer) in der Hand des Ausführenden. Wer mit Hilfszügel (Ausbinder, Dreiecker, Gogue oder Chambon - alle anderen Hilfszügel sind meist unnötig, wenn nicht schädlich) longiert, der sollte auch wissen, wie man sie fürs Pferd sinnvoll verschnallt und nicht einfach nur dem Pferd den Kopf festbinden. Dazu gehört die Aufwärmphase OHNE Hilfszügel sowie später die passende Länge und Verschnallung (da gibt es Einiges an Varianten).

Dass das Longieren ohne Ausbinder prinzipiell reines Dauerzentrifugieren sei, ist quatsch. Sicher kann man es so betreiben, wenn man nicht weiß, was man tut/tun soll. Wieso sollten meine Signale beim Pferd ohne Hilfszügel plötzlich schlechter ankommen? Ich kann genauso auf die Hinterhand einwirken und vorne begrenzen. Ein Kardinalsfehler ist allerdings, die Longe ins Gebiss zu hängen. Fürs Longieren benötigt man einen Kappzaum oder wenigstens ein Cavesson. Überleg mal, wie lang der Weg von Hand zu Maul beim Longieren ist. Zusätzlich bewegt sich das Pferd. Es ist praktisch nicht möglich, dem Pferd dabei NICHT im Maul zu rucken.

Ob man mit oder ohne Hilfszügel longiert ist eine Frage der eigenen Ansichten, des Ausbildungsstandes des Pferdes sowie Zweck der Trainingseinheit. Mit Hilfszügel kann ich longieren, wenn mein Pferd soweit schon in Anlehnung gehen kann (ansonsten bringt der "Ersatzzügel" nichts), mein Endziel ein an das Gebiss herantretendes Pferd ist oder, seltener, als gezielte, therapeutische Korrektur für Ausbildungs- und Gesundheitsfehler. Ohne Hilfszügel arbeiten oft Leute mit ganz rohen Pferden, Reiter, deren Endziel das in Selbsthaltung gehende Pferd ist sowie eben die Dauerzentrifugierer (wobei es die auch mit Hilfszügeln gibt).

Allein von dem, was am Pferd dran oder nicht dran ist, kann man meist nicht auf den Sinn oder Unsinn der Ausbildungsmethode schließen.

...zur Antwort

Wirklich auf Höhe trainieren sollte man 1x die Woche. Ansonsten ist Springen auch nur Dressur mit Hindernissen. ;) Also an der Dressur feilen, Tempounterschiede über den Sitz kontrollieren lernen, saubere Wendungen reiten, flüssige, durchgesprungene Wechsel, usw.

Man kann Stangenarbeit (also Stangen, die auf dem Boden liegen, bzw. einzelne Cavaletti) auch ruhig noch 1-2x zusätzlich pro Woche machen. Da kommt es dann nicht darauf an, dass das Pferd wirklich springt, sondern dass der Reiter ein Auge für Distanzen und Abstände entwickelt. Galoppsprünge bis zur nächsten Stange zählen, Abstände verändern bei gleichbleibender Anzahl Galoppsprüngen dazwischen.

1-2x die Woche Galopptraining im Gelände oder auf der Rennbahn ist auch nicht verkehrt.

...zur Antwort

Ich empfehle dir wärmstens die "Richtlinen Reiten und Fahren Band 1+2". Bitte lies dir das durch und besprich es mit deinem Reitlehrer, bevor du irgendeinen Beinsalat zusammenschusterst. Man muss nicht alles wissen - aber wenn man unbedingt fortgeschrittene Lektionen reiten will, sollte man doch wenigstens wissen, wo man nachschlagen kann (und nein, das Internet ist keine zuverlässige Quelle).

Schenkelweichen und Traversalen sind Äpfel und Birnen.

...zur Antwort

Die Frage an sich ist unsinnig - da ein Pferd mit voranschreitender dressurlicher Arbeit besser ausgebildet wird! Ein "schlecht ausgebildetes" Pferd wird in einer Dressurprüfung nichts holen, denn genau auf die gute Ausbildung, die Durchlässigkeit und den Arbeitswillen kommt es dort an.

Was heute außerdem in den höheren, überregionalen Klassen zählt, ist ein gewisses Gangwerk, welches das Pferd von Natur aus mitbringt, Gummi in der Bewegung. Dazu benötigt das Pferd einen gewissen Körperbau. Logischerweise ist dieser bei Züchtern und Reitern sehr begehrt und dementsprechend nicht billig. Gerade dieser Gummi gibt noch mal die eins, zwei Stellen mehr hinterm Komma in den höheren Prüfungen.

Was dieser Gummi aber nicht ersetzt, ist eine gescheite Grundausbildung. Also einfach den verrittenen Gaul hernehmen und ein paar Lektionen üben macht da keinen Sinn. Man kann nicht auf was Falschem aufbauen. Die Dressur ist ein Selbstzweck sondern bedeutet in sich Ausbildung des Pferdes zu einem gesunden, willigen Reitpferd, und genau das ist dann auch gut ausgebildet.

Es gibt durchaus Reiter, die dazu fähig sind, ein weniger gut veranlagtes Pferd in den internationalen Sport zu bringen. Man denke z.B. an Hubertus Schmidt mit Wansuela Suerte. Die Stute war an sich kein Gangwunder, aber eben korrekt geritten. Allerdings sind das Reiter, die selbst nicht mehr lernen, sondern bereits jahrzehntelange Erfahrung nicht nur im Reiten, sondern in der Jungpferdeausbildung und Pferdekorrektur haben. Das ist mit einem ambitionierten Teenager nicht wirklich zu vergleichen.

Allgemein gilt der Grundsatz: erfahrener Reiter, junges Pferd - junger Reiter, erfahrenes Pferd. Ein schlecht ausgebildetes Pferd steht, unabhängig vom Alter, sogar noch über der Stufe eines "jungen Pferdes", da wir hier von einem Korrekturpferd mit Ausbildungsfehlern oder -mängeln sprechen. Ein solches Pferd bedarf eines erfahrenen Ausbilders, bevor es überhaupt weiter aufgebaut, geschweige denn auf Turnieren vorgestellt werden kann und sollte.

Ich frage mich allerdings: dieses ganze harte, regelmäßige Training und die Teilnahme an Turnieren kosten auch schon nicht wenig. Wer so viel Geld übrig hat, kann sich normalerweise auch ein eingiermaßen veranlagtes Pferd mit guter Grundausbildung leisten.

...zur Antwort